Marshall McLuhan: Medien als InfraStrukturen und ArcheTypen [text]

> text zu philosophie/medientheorie [2004]

paper:

Schultz, Oliver Lerone (2004) : “Marshall McLuhan: Medien als InfraStrukturen und ArcheTypen“. In: Lagaay, A./Lauer, D. Medientheorien - eine philosophische Einführung. Campus. Frankfurt/M. (S. 31-68)

> online:

http://lerone.net/pdf/ols_0404_McLuhan_InfraStruktur.pdf

> synopsis:

Marshall McLuhans Neubegründung der Medienwissenschaft als Medientheorie unternahm den Versuch, die »Grenzen unserer in den Techniken ausgeweiteten Menschennatur« zu untersuchen und mit dem durchaus vielfältigen Konzept der Medien als »extensions of man« das jeweilige Prinzip zu finden, »mit dem jede von ihnen verständlich wird«. Nicht nur muss McLuhans Medientheorie als Erweiterung einer anthropologischen Perspektive gelesen werden, die mediale Artefakte nicht mehr auf den Zusammenhang von Mensch und Werkzeug reduzierte; McLuhan ist auch zu lesen als erster Diagnostiker des »medialen Zeitalters«, welcher mit Hilfe einer aus zahlreichen »probes« (Erkundungen) zusammengesetzten und reflexiven Theorieform eine Art undogmatischer Phänomenologie moderner Gesellschaften lieferte, die sich ihrer eigenen methodischen und begrifflichen Figuren bediente.
Es gibt im Zusammenhang des mittlerweile fest etablierten Interesses an der »Wirklichkeit der Medien« bereits eine Reihe hilfreicher Einleitungen zur Theorie McLuhans – und sie scheinen insbesondere in ihrer Vielheit hilfreich, wenn es um eine so vielschichtige und schillernde Theorie wie die seine geht. Hier soll insbesondere versucht werden, die Einsichten und Konzepte McLuhans im Rahmen des Leitkonzepts der Infrastruktur hinsichtlich einiger – teilweise noch wenig wahrgenommener – philosophischer Anschlussstellen zu präsentieren und zu systematisieren. Diese Anschlüsse beziehen sich auf die medientheoretische Reformulierung theoretischer und philosophischer Basiskonzepte wie Intentionalität, Handlung, Interaktion, Rationalität und Kommunikation, aber auch auf McLuhans synthetische Überblendung von wahrnehmungs-, technik-, sozial- und kulturtheoretischen Fragestellungen. Aufgezeigt werden soll in diesen Zusammenhängen auch die potenzielle philosophische Relevanz spezifischer von McLuhan explizierter medientheoretischer Begriffe, etwa der Begriffe der Strukturform oder des Archetyps, wie auch seiner eher impliziten Konzepte, etwa jener der organisierten Gleichzeitigkeit oder der retrospektiven Medialität. Über das Konzept der Infrastruktur, das selbst als eine Probeformel und Theoriesonde verstanden werden kann, soll eine bestimmte Seite McLuhans konzeptuell organisiert und verdichtet werden. Dieser Zugang erspart es, die vielen Texte McLuhans, die selbst als einfache und knapp gehaltene Zugänge (sprich: »Einführungen«) zu seiner Medientheorie gelten können, schlicht zu paraphrasieren, während er gleichzeitig selbst der McLuhanschen Denkform des probing, der aktiven und interessengeleiteten Sondierung, folgt und sie illustriert.

Inhalt

1. Vorräume zu einer Einführung in McLuhan
2. Zwei unterschiedliche Perspektiven auf McLuhan
— 1. Menschengemachte Umwelten und die Metapher des Astronauten
— 2. McLuhans Vorwegnahme des medial turn
3. Medien als kulturelle Infrastrukturen: ein Theorie-Mosaik
— 1. Der Aufbruch des ‚typographischen Trancezustandes des Westens’ – elektronische Medien und ‚new modes of rationality’
— 2. Medien als Strukturformen – mediale Artefakte und die Neubestimmung von ‚Kommunikation’
— 3. Archetypen als mediale Grammatiken der Kultur
— 4. McLuhans profunder Humanismus: Medien als gestaltende Kraft und die ‚aktive Bedingtheit’ menschlicher Intentionalität
— 5. »organisierte Gleicheitigkeit« - Medien als »Schock« und die Erkenntnissituation der elektrischen Kultur
— 6. Die retrospektive Wahrheit von Medien und Medialität
— 7. Das resonierende Feld und die transdiferentielle Bestimmung von Medien
4. Ausblicke: Der ‚Charakter’ der McLuhanschen Theorie und die Grenzen des Infrastruktur-Zugriffs


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